BILD-Kritiker im Doppelmoral-Dilemma - eine Nacht bei #EHFK

Sonntag, Dezember 16, 2018

Diese Kolumne wird etwas anders, als man es von mir gewohnt ist. Ich bin nämlich sauer. Wie viele andere Models und Influencer bin ich am Samstag nach Berlin gereist, um „Ein Herz Für Kinder“ zu unterstützen. Wir, die Models und die Kinder des Internets, spielten nur eine Nebenrolle. Traditionell gaben sich echte Stars und Promis auf dieser Spendengala die Klinke in die Hand. Dennoch rückte unser Engagement plötzlich in einen Fokus, den ich trotz immer miserabler werdender Diskussionskultur und dem Hang zur Selbstbeweihräucherung durch überstrapazierte, absurde political correctness, nicht für möglich gehalten hätte.

Das Lehrstück, wie Selbstdarsteller sich auf dem Rücken der Ärmsten und Hilfsbedürftigsten ihren wohlwollenden Anti-BILD-Applaus aus der Filter-Bubble abholen wollten, beginnt mit meinem Posting auf Instagram und Twitter.



Ich kündige an, am Abend Teil der Live-Show im ZDF zu sein und fordere auf, ebenfalls zu spenden. Immerhin geht es bei „Ein Herz Für Kinder“ seit nunmehr 40 Jahren um Hilfe für Kinder. Kinder in Deutschland, aber auch im Rest der Welt. #EHFK, wie der offizielle Hashtag zu diesem Spenden-Abend lautet, ist eine Veranstaltung der BILD-Zeitung.

Die Doppelmoral der Kommentarspalten-Superhelden

Man kann über die BILD geteilter Meinung sein. Ich war das immer. Dennoch erwischt mich an diesem Abend ein virtueller Orkan der Entrüstung. „Wie kann man sich mit der BILD gemein machen?“ Es hagelt Beleidigungen und Prostitutionsvorwürfe. Der pseudo-intellektuelle Mob ist aktiviert. Etwas überrascht von der Intensität, mit der BILD auch an einem solchen Abend gehasst wird, rufe ich erneut dazu auf, dennoch zu spenden.


In meinen Augen macht niemand sich mit der BILD gemein, wenn er dazu beitragen möchte, Kindern zu helfen. Reichweite ist in unserer Welt die letztendlich entscheidende Währung. Und mit der Power von BILD, dem ZDF und den unzähligen Promis, werden 18,4 Millionen Euro Spenden erreicht – in nur drei Stunden. Hinzu kommt, dass der Verlag sämtliche Kosten trägt. Kosten für Veranstaltung, Verwaltungskosten, sogar die Shuttles vom TV-Studio zur After Show Party im legendären Borchardt – nichts davon wird von der Spendensumme beglichen, wie es bei anderen Charity-Events der Fall ist. Das Geld geht ohne Abzüge dahin, wo es am meisten benötigt wird. Zusätzlich bekommen wichtige Themen aus Medizin und Gesellschaft ein großes Forum und eine hohe Aufmerksamkeit, die sonst viel zu wenig wahrgenommen werden.

18,4 Millionen – trotz Gegenwind im Netz

Diesen Erfolg lasse ich mir nicht wegdiskutieren. Erstrecht nicht von Menschen, die in ihrem blinden Pauschal-Kleinkrieg nur ihre eigene Doppelmoral offenbaren. Da lamentieren Mitglieder der Führungsebene von großen Werbeagenturen, sie würden sich als Promi niemals vor den Karren der BILD spannen lassen. Dass sie in ihrem eigenen Unternehmen hauptsächlich Kunden betreuen, die massive Werbebudgets bei Axel Springer buchen und damit unmittelbar dazu beitragen, dass die BILD überhaupt existieren kann, bleibt unerwähnt. Es ist ja auch viel einfacher, auf Menschen einzuprügeln. Zu Hause am PC sitzen und aus dem Elfenbeinturm der Unfehlbarkeit andere Menschen abzuhalftern, hilft exakt keinem einzigen Kind auf der Welt. Und das macht mich sauer.

Mich und andere dafür zu diskreditieren, ist einfach nur grotesk. Ich unterstütze keine Zeitung, sondern folgenden, wichtigen Ansatz: Menschen, denen es gut geht, zu motivieren, denen, die nicht so ein Glück hatten, zu helfen. Das mache ich gerne und mit absoluter Überzeugung. Wer mir dabei unterstellt, mich unkritisch den möglichen Ideologien einer Boulevard-Zeitung zu unterwerfen, hat nichts verstanden. Ich möchte mich aber an dieser Stelle nicht in eine Darlegung versteigen, warum man an „Ein Herz Für Kinder“ teilnehmen kann und trotzdem nicht als „Nutte von Axel Springer“ zu titulieren ist. Jedem Menschen, der noch bis Drei zählen kann, ist das mehr als bewusst.

Klassenfeind des Springer Verlags

Mir geht es viel mehr darum, dass mir in den vergangenen Tagen etwas klar geworden ist, das wie eine schallende Ohrfeige für alle „Du hast Dich zum Spielball von Axel Springer gemacht“-Jünger wirkt. Ich möchte es mal so erklären: Wer mich kennt und mich verfolgt, weiß, wie ich zur BILD stehe. Ich bin mehr als kritisch, schon seit Jahren. Zu unterstellen, ich würde alles, was die BILD macht, gutheißen, ist als würde man Dieter Bohlen vorwerfen, er hätte zu wenig schlechte Musik produziert. Ich habe immer gesagt, was ich für kritikwürdig hielt. Und das drastisch. Man findet etwa solche Beiträge von mir:
....oder auch solche:
Mein privater Feldzug gegen vieles, was die BILD macht, läuft schon lange und begann bereits zu Zeiten von Kai Diekmann. Es gab öffentliche Auseinandersetzungen, die so weit gingen, dass ich von Diekmann als „Klassenfeind“ bezeichnet wurde. Und wisst Ihr was? Ich werde kommende Woche dennoch zur Weihnachtsfeier von Diekmanns neuem Unternehmen fahren, das er übrigens mit Ex-Stern-Online-Chef Philipp Jessen gegründet hat. Weil Diskurs funktioniert, ohne dass man sich unqualifiziert im Netz anpöbeln muss. Und was den Springer Verlag angeht, kenne ich mittlerweile einige entscheidende Protagonisten persönlich. Menschen wie Willem Tell (https://www.instagram.com/willematell/), der mit „Place To B“ für uns Influencer eine ganz wichtige Plattform geschaffen hat (https://www.instagram.com/placetob/). Oder Tobias Render (https://www.instagram.com/tobirend/), der bei der „Bild am Sonntag“ für die Promis zuständig ist. Oder auch Christian Langbehn (https://www.instagram.com/pashion/), der als Photochef die Bilder auswählt. Alles Menschen, die bei Axel Springer arbeiten, denen man aber absolut gar nichts vorwerfen könnte.

Ist die BILD am Ende toleranter als Ihr?

Im Gegenteil. Sie sind offen für jede Diskussion, sie unterstützen junge Influencer oder Models auf ihrem Weg in die Entertainment-Industrie und sie unterstützen auch mich. Und das, obwohl sie wissen, dass ich der BILD oftmals kritisch gegenüberstehe. Keiner bei Axel Springer hätte es nötig, jemanden wie mich einzuladen. Zu Axel Springer möchte jeder. BILD ist nach wie vor die größte Tageszeitung Europas. Man akzeptiert unterschiedliche Auffassungen, man schließt niemanden aus, der nicht alles toll findet. Man zeigt Respekt vor der Leistung eines kleinen Mini-Sternchens wie mir. Man schaut kompromisslos, wer den interessantesten Content produzieren kann oder wer zu einem bestimmten Projekt am besten passt. Auch, wenn man nicht in allen Punkten gleich denkt. Bei #EHFK stand unter anderem Udo Lindenberg auf der Bühne. Udo Lindenberg als besonderen Freud der BILD zu bezeichnen, wäre absurd. Dennoch präsentiert er an jenem Abend sogar zwei seiner Songs.

Und an dieser Stelle wird es interessant – und etwas ungemütlich für die „Axel Springer ist der personifizierte Teufel“-Fraktion. Ich habe auf BILD eingedroschen, ich habe auf Julian Reichelt eingedroschen, ich habe auf Kai Diekmann eingedroschen. Und jetzt drischt die „ ich würde nie was mit der BILD machen“-Subkultur auf mich ein. Da stellt sich doch eine Frage: Sind die BILD, ihre Macher und Ex-Macher und der Axel Springer Verlag am Ende progressiver und toleranter, als die meisten dieser Keyboard-Hooligans, die in der Anonymität des Internets der Welt nichts weiter als ein paar Tausend unsensibel formulierte und in dogmatische Diskussionsstarre gekleidete Hasskommentare hinterlassen werden? Ein undurchsichtiger Wust an Anfeindungen, Pauschalisierungen und Scheinheiligkeit?

Social Media Greenwashing

Unter Beiträgen, die am Samstagabend zum Spenden für #EHFK aufriefen, Tweets zu platzieren, wie schlimm die BILD ist, macht euch nicht zu besseren Menschen. Im Zweifel zeigt es nur, dass ihr selber lieber andere, die sich engagieren, attackiert, als selber etwas auf die Beine zu stellen. Ein Hass-Tweet hat noch keinem einzigen Kind ein regelmäßiges Mittagessen oder dringend benötigte Medikamente gebracht. #EHFK schon. Seit 40 Jahren. Und ich sage euch noch was: Dem Kind in Guinea, Kenia, Mali, Uganda. Sri Lanka, Israel, Nepal oder Jena, Chemnitz und Bad Oeynhausen, dem „Ein Herz für Kinder“ durch bessere Bildung oder medizinische Versorgung die Chance auf eine bessere Zukunft gibt, ist es egal, dass das Geld dafür aus einer Aktion stammt, die nicht in eure Selbstgefälligkeitsneurose passt.

Ich unterstütze „Ein Herz Für Kinder“ von ganzem Herzen. Ich werde es kommendes Jahr wieder tun, wenn der Verlag mich erneut einlädt. Das ist kein Pakt mit dem Teufel – es ist ein Aufbäumen für eine sehr gute Sache, gemeinsam mit anderen Menschen, denen arme Kinder nicht egal sind. Also lasst mich in Ruhe. Lasst die anderen jungen Promis in Ruhe. Die Influencer, die Models, die Sängerinnen, die Schauspieler. Junge Menschen, neu im Rampenlicht, die sich plötzlich fragen müssen, was falsch daran ist, Geld für Kinder zu sammeln. Denn wozu führt das? Am Ende ziehen sie sich vielleicht zurück, weil ihr mit euren undifferenzierten Hasskommentaren sie in eine Ecke gedrängt habt. Und welchem Kind ist dann geholfen?

Die Scheinheiligkeit der Anderen

Und ja, ich habe die meisten der Kommentare gelesen. Die beleidigenden, die hasserfüllten aber auch die, die es sachlicher versuchten. Zu denen möchte ich sagen; Ja. Klar. Man kann auch woanders spenden. Aber an diesem Abend ging es darum, Aufmerksamkeit in die Samstag-Abend-Primetime-Wohnzimmer der Nation zu bringen, am Vorabend des 2. Advent. Die 18,4 Millionen Euro wären sonst in dieser Höhe niemals möglich gewesen. Und noch ein Satz zu den vielen Besserwissern, die auf Nachfrage, was sie denn schon so getan hätten für die ärmsten der Armen, immer reflexartig mitteilen, das ginge niemanden etwas an. Ach ja? Okay. Das respektiere ich. Aber ich sage auch: Wenn du mir nicht sagen möchtest, wo du angeblich so besenrein politisch korrekt Gutes tust, dann verschwende deine und meine und die Zeit meiner Follower auch nicht damit, am Beispiel von anderen Menschen stundenlang zu erläutern, warum die Art, wie er es macht, schlecht ist. Das geht dich dann nämlich genau so wenig etwas an.

Abschließend möchte ich nochmals feststellen: Ich sammle lieber Spenden, die dann garantiert an der richtigen Stelle ankommen, als stundenlang Zeit und Geld in einer sinnlosen Diskussion zu verlieren, ob man dadurch nicht sämtliche Inhalte, die die BILD jemals veröffentlicht hat, ebenfalls für gut heißt. Sippenhaft für die, die sich engagieren? Damit könnt ihr bei mir nicht landen. Niemand ist perfekt, ich an erster Stelle nicht. Aber in #EHFK etwas Schlechtes hinein zu argumentieren, diesen Schuh könnt ihr euch in eurer fehlgeleiteten Selbstbeweihräucherung alleine anziehen. Wenn man nur bereit ist, in 100%-Kategorien zu denken, können wir die Gesellschaft dicht machen. Denn 100% fehlerlos ist niemand. Nicht mal jemand, der per Internet-Kommentar gegen einen Abend wettert, an dem viele hundert Top-Promis, Politiker und Influencer gemeinsam nur ein Ziel haben: So viel Geld wie möglich für arme Kinder zu generieren. Schreibt euch also gerne weiter die Finger wund: Ich bin nächstes Jahr wieder vor Ort – und ich werde nicht eine einzige Sekunde daran zweifeln, damit das Richtige zu tun.



Bis dahin: Alles Liebe, Eure Marie

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